Die Anzahl der Geburten nach Eizell- oder Samenspenden hat sich in Österreich in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt. Trotzdem ist das Thema nach wie vor tabuisiert. Ein betroffenes Paar möchte das Schweigen brechen.
Dafne (36) und Michael (42) sind Eltern eines fünfjährigen Sohnes und erwarten gerade Zwillinge. Ganz normales Familienglück? Ja – doch das hat erst eine Samenspende ermöglicht. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg.
Das fehlende Puzzleteil
Der Kinderwunsch des Paares blieb lange Zeit unerfüllt. Irgendwann schickte eine Urologin Michael schließlich zum Spermiogramm. „Das Ergebnis war katastrophal“, so Dafne. „Es war klar: wir müssen in die Kinderwunschklinik, ohne Hilfe geht da nichts.“ Nach insgesamt fünf In-Vitro-Fertilisationen mit dem eigenen Sperma und den eigenen Eizellen, zwei Fehlgeburten und einem Klinikwechsel war dann klar, dass eine andere Lösung hermusste. Das Paar selbst schlug den ÄrztInnen eine Samenspende vor. „Ich hatte ständig Bedenken, wie das dann für Michael ist“ so Dafne.
Eizellenspende äußert schwierig
Dass Dafne jetzt mit Zwillingen schwanger ist, hat – wie auch beim ersten Mal – zwei Jahre gedauert. Erst beim sechsten Versuch wurde sie endlich schwanger. Da war das Paar schon kurz davor, auch eine Eizellspende in Anspruch zu nehmen. „Doch es ist in Österreich leider viel schwieriger, eine Eizellspenderin als eine Samenspende zu finden. Und wir wollten ungern ins Ausland gehen, weil wir unserem Kind sagen möchten, woher sein genetisches Material stammt! Eine offene Spende war für uns oberste Priorität“, so Dafne. Bei einer offenen Spende ist der Spender nicht anonym und kann vom Kind kontaktiert werden. In Österreich dürfen Kinder ab 14 Jahren erfahren, wer die SpenderInnen sind.
Austausch unter Männern
Die PatientInnen-Organisation „Die Fruchtbar – Verein Kinderwunsch Österreich“ möchte auch betroffene Männer vernetzen und auf die nach wie vor schwierige Situation von Paaren aufmerksam machen. Gerade bei Sperma- und Eizellspenden müssen die PatientInnen umfassend über Chancen und Risiken aufgeklärt werden sowie über die Schwierigkeiten, die anonyme Spenden für die Kinder später mit sich bringen können. Wichtig ist dabei das Recht der Kinder, Auskunft über ihre Herkunft zu erhalten. Auch Michael wünscht sich insgesamt mehr Austausch – auch unter den Männern. „Ich wollte immer gerne offen über alles sprechen. Viele haben Schuldgefühle bei einem schlechten Spermiogramm: Nur wegen mir muss meine Partnerin das jetzt machen.“
Geburten aus Spenden stark gestiegen
In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der Geburten in Österreich, die aus Samen- und Eizellspenden (so genannte Gametenspenden) entstanden sind, stark angestiegen. 2018 waren es 115, 2022 bereits 211. Seit 2015 dürfen auch Frauen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft eine künstliche Befruchtung durchführen.