Sie schufen Rekorde, brachten Komfort in den Innenraum unserer Auto-„Vorfahren“, erlebten Abenteuer und waren Pionierinnen: Frauen und ihre PS-Geschichten.
Wussten Sie eigentlich, dass es ohne Frauen keine Scheibenwischer, Heizung und Rückspiegel im Auto geben würde? Dass die erste Fernfahrt von einer wütenden Frau gemacht wurde? Und haben Sie eine Ahnung, was es mit einem einzigen km/h, einem Knöllchen und einer Herzogin auf sich hat? Diese Frauen haben dank ihrer Liebe zur Motorisierung die Männerwelt blass aussehen lassen!
DIE ERSTE FRAU AM STEUER
Investorin, Motivatorin, Tüftlerin: die Frau an der Seite von Carl Benz verschaffte dem Unternehmen ihres Mannes erst zum Ruhm. Sie, Bertha Benz, hätte sich als höhere Tochter ein angenehmes Leben in den besten Kreisen der Badener Gesellschaft machen können – doch das war ihr zu wenig. Stattdessen verliebte sie sich in den Tüftler Carl, 60 Jahre Lebens- und Arbeitsgemeinschaft nahmen ihren Anfang. Am 29. Jänner 1886 erhielt Carl Benz das Patent auf seinen Motorwagen, Bertha saß als erste Frau am Steuer – doch zwei Jahre lang wurde kein einziger Wagen verkauft. Als das zuständige Ministerium 1888 wieder nur eine eingeschränkte Fahrerlaubnis erteilte – die Angst vor den Gefährten auf der Straße war groß, immerhin kamen zahlreiche Hühner und Hunde unter die Räder –, hatte Bertha die Nase voll, schnappte ihre Söhne und fuhr von Mannheim ins mehr als 100 Kilometer entfernte Pforzheim. Es war die erste Fernfahrt der Welt: verboten, gefährlich und von einer Frau! An ihrem 95. Geburtstag verleihte ihr die Technische Hochschule Karlsruhe als erste Frau die Würde einer Ehrensenatorin, zwei Tage später starb sie. Doch ihren Kampf, mehr als „leider nur ein Mädchen“ zu sein, hat sie gewonnen.
EIN KNÖLLCHEN FÜR DIE HERZOGIN
Anne d’Uzès (1847 – 1933), Herzogin aus der Champagner-Dynastie Veuve Clicquot, entdeckte zur Jahrhundertwende das Autofahren für sich. Die Männerwelt war nicht gerade verzückt über die rollende Adelige – sie musste sogar extra ein „Premier Certificat de Capacité féminin“ ablegen, und war damit die erste Frau weltweit mit Führerschein! Und die erste, die Bußgeld zahlen musste. Ihr Vergehen: Mit einem Delahaye Typ 1 „brauste“ sie mit 13 statt den erlaubten 12 km/h durch den berühmten Pariser Park Bois de Bologne. Ganze 5 Franc musste sie für ihr fehlerhaftes Verhalten hinlegen, den Führerschein durfte sie glücklicherweise behalten.
KOMFORT DANK FRAUENHÄNDE
Im Winter schalten wir ganz selbstverständlich die Heizung im Auto an, beim Ausparken nutzen wir den Rückspiegel, bei Regen werden die Scheibenwischer aktiviert. Alles normal. Und alles von Frauen erfunden! Am 28. November 1893 patentierte Margaret Wilcox aus Chicago das weltweit erste Heizsystem im Auto. Durch ein Rohrsystem wurde erhitztes Wasser von der Brennkammer unter dem Fahrgastraum geleitet, so erwärmte sich die Luft im Inneren des Fahrzeugs. Die britische Rennfahrerin Dorothy Levitt veröffentlichte in ihrem 1909 veröffentlichten Handbuch „The Woman and the Car“ die Wichtigkeit, öfter mal nach hinten zu schauen und dafür sogar einen Handspiegel zu nutzen. Ford adaptierte die Idee – seit 1927 findet man Rückspiegel serienmäßig in den Modellen des Herstellers. Und die kalifornische Bauunternehmerin Mary Anderson skizzierte eine handbetriebene Vorrichtung, bei der ein in Lenkradnähe angebrachter Hebel bei Bedarf einen gefederten Schwingarm mit Gummiblatt auf der Windschutzscheibe in Gang setzen konnte. Ihre „Fensterreinigungsvorrichtung für Elektroautos und andere Fahrzeuge zum Entfernen von Schnee, Eis oder Schneeregen vom Fenster“ brachte wenig Geld und lief 1920 aus. Erst 1922 begann Cadillac, den Scheibenwischer als Standardausrüstung die Autos einzubauen.
DAS ERSTE AUTO FÜR FRAUEN
Sind unsere Autos heute kaum an Komfort zu überbieten, waren sie früher nicht unbedingt bekannt für ihre ergonomischen Sitze und anpassungsfähige Ausstattung. Doch dann kam Dorothée Pullinger und wollte ordentlich aufs Gas steigen! Als Tochter des Autodesigners Thomas Pullinger träumte die britische Ingenieurin davon, in seine Fußstapfen zu treten. 1914 bewarb sie sich um die Aufnahme in die Institution of Automobile Engineers, wurde aber abgelehnt. Der Grund: sie war eine Frau! Dorothée wurde später Managerin von Galloway Motors, setzte sich vor allem für die Beschäftigung einheimischer Frauen ein und leitete sogar die Hochschule für Autotechnik. Die Tüftlerin entwickelte das elegante Galloway Car, das als Auto „von Damen für ihresgleichen“ bezeichnet wurde. Der Sitz war höher und somit für kleinere (und Röcke-tragende Personen) konzipiert, das Armaturenbrett gesenkt und das Lenkrad kompakter. 4000 Exemplare mit verschiedenen Motorisierungen verließendas Werk bis 1923.
© Mercedes Benz, Levitt