Gas ist wesentlich für die österreichische Energieversorgung, 60 Prozent kommen immer noch aus Russland. Eine Alternative zum russischen Gas, die zusätzlich auch zur Erreichung der Klimaziele beiträgt, ist das sogenannte grüne Gas.
Wir haben mit Roman Itzinger, Experte für nachhaltige Energiesysteme bei Wels Strom, über die mögliche Energie der Zukunft gesprochen.
Grünes Gas bezeichnet ein umweltfreundlich erzeugtes Gas, das entweder durch die Vergärung von Biomasse in Biogasanlagen, durch die Umwandlung von erneuerbaren Ressourcen in synthetisches Gas oder durch Elektrolyse zu grünem Wasserstoff hergestellt wird. Biogas entsteht im Gegensatz zu fossilem Gas durch Vergärung von Biomasse jeder Art.
Es wird in Biogasanlagen hergestellt, indem nachwachsende Rohstoffe aber auch vorzugsweise Abfälle vergoren werden. Als klimaneutraler Energieträger kann es in die vorhandene Gasinfrastruktur eingespeist, gespeichert und zu den Verbrauchern transportiert werden. Anschließend kann es genauso wie Erdgas zum Heizen, Kochen, in der Industrie oder der Mobilität verwendet werden. Grünes Gas ist somit vielseitig einsetzbar, schnell verfügbar und ein wichtiger Baustein für eine klimaneutrale Energieversorgung.
Welche Vorteile hat grünes Gas?
Im Gegensatz zu Strom lässt sich Gas als längerfristiger Speicher nutzen – und Österreich ist gesegnet mit großen Gas-Speicherkapazitäten. So können wir die saisonalen Schwankungen ausgleichen und Energie in die kalten, dunklen Wochen im Winter bringen.
Und wie jeder chemische Energieträge ist die Energiedichte sehr hoch – eine unscheinbare Rohrleitung kann enorme Leistung übertragen, das kann für Übertragung und viele Anwendungen ein Vorteil sein. Ich denke da ein wenig an die Stahlindustrie.
Wie viel Prozent in Österreich ist grünes Gas?
Aktuell haben wir kaum grünes Gas im Netz. Österreich hat auf billiges Erdgas gesetzt, daher wurde nie wirklich in Biomethananlagen investiert. Das rächt sich jetzt und wir müssen die Branche in Österreich mühsam wiederbeleben. Aber es ist möglich.
„Saubere Energie vom Sommer in den Winter zu bringen – das ist der heilige Gral des Energiesektors. Mit grünem Gas und seinen effizienten Speicherbarkeit ist das nun möglich.“
Roman Itzinger, Experte für nachhaltige Energiesysteme bei Wels Strom
Gibt es schon ausreichend Biogasanlagen?
In Österreich gibt es etwa 180 landwirtschaftliche Biogasanlagen. Sie stammen aus der Ära des alten Ökostromgesetzes und erzeugen Strom. Nur wenige Anlagen sind mit der Aufbereitungstechnik ausgestattet um Gas ins Erdgasnetz einzuspeisen (Biomethan-Anlagen). Ein schneller erster Schritt wird sein, diese Bestandsanlagen zu Gaslieferanten zu machen. Und auch Kläranlagen sollten dazu gewonnen werden. Aber es ist klar, dass wir ein Vielfaches dieser Anlagen brauchen werden. Die lange Vorlaufzeit für die Projektplanung macht es nötig, sofort zu agieren.
Warum wäre aus Ihrer Sicht ein Ausbau so wichtig?
Wir haben Klimaziele und mit den Wetterereignissen schleicht die Klimakatastrophe schon ins Land. Das sollte Anreiz genug sein. Selbst wenn man anzweifelt, da was ausrichten zu können, es ist allein schon wirtschaftlich von Vorteil sich von Energieimporten unabhängig zu machen und den Wohlstandsabfluss zu mindern. Und auch politisch fallen uns Abhängigkeiten ständig auf die Füße. Kurz gesagt: Umwelt, Geld, Frieden.
Hat der Krieg in der Ukraine in dem Bereich etwas bewegt?
Der Krieg hat die Dringlichkeit unterstrichen, unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden, die oft aus geopolitisch instabilen Regionen stammen. Jedoch scheint es so, dass wir abermals nichts daraus gelernt haben. Die Aufregung um Gaspreise und Speicherstände ist rasch verflogen und Österreich bezieht praktisch weiter die volle Gasmenge aus Russland. Das ohnehin überfällige „Erneuerbares Gas- Gesetz“ ist bis heute nicht beschlossen. Sicherlich gibt es dort und da ein nachhaltigeres Umdenken, aber von einer echten Trendwende kann man nicht sprechen.
Welche Schritte erwarten Sie von der Politik?
Das Erneuerbaren Ausbau Gesetz sofort beschließen. Keine weitere Zeit verlieren. Parteitaktik und Klientelpolitik unterlassen. Gemeinsam anpacken. Wir brauchen alle Hände, alle Sektoren (Landwirtschaft, Klein- & Großbetriebe, Private, Kommunen, etc.). Alle müssen anpacken – aber auch alle werden profitieren.