Wir reden alle darüber. Künstliche Intelligenz, kurz KI, im englischen auch Artificial Intelligence, AI, wird die Welt verändern. Oder besser: Verändert die Welt, denn wir stecken mittendrin in einem riesigen Meer der Digitalisierung, das tagtäglich Wellen schlägt.
Doch haben wir wirklich eine Ahnung davon, was KI eigentlich ist? Ist jenen, die sich mit aller Kraft gegen das „böse Neue“ wehren, klar, dass sie jeden Tag mit KI konfrontiert werden, sogar mit ihr zusammenarbeiten? Sie schlicht in manchen Bereichen nicht nur nicht mehr wegzudenken wäre, sondern ganz selbstverständlich in unserem Alltag angekommen ist? Es ist höchste Zeit, einen neuen Blick auf Künstliche Intelligenz zuwerfen. Sie einmal als Technologie der wunderbaren Hoffnung zu sehen – und einmal als Technologie des Verderbens.
KI – Geachtet und gefürchtet
Die Welt erlebt gerade einen aufregenden Moment. Vergleichbar mit jenem des Jahres 1993, als das World Wide Web für die Öffentlichkeit freigegeben wurde und in den Wohnzimmern der Nationen das „googeln“ begann. Oder vielleicht sogar mit jenem vor 32.000 Jahren, als die Menschheit entdeckte, wie man Feuer macht – und damit den Grundstein für unser Leben, wie es heute ist, legte. Das Leben wird dank KI einfacher, interessanter, aufregender – und gefährlicher, darüber sind sich Wissenschaftler, Zukunftsforscher und Industrielle einig. Vordenker wie Tesla-Chef Elon Musk und Apple-Mitgründer Steve Wozniak warnen sogar davor, dass Künstliche Intelligenz die Menschheit ins Verderben stürzt. Die Risiken einer „dem Menschen ebenbürtigen Intelligenz“ seien so groß, dass sie einen „Verlust der Kontrolle über unsere Zivilisation“ nach sich ziehen könnten. Eine Umfrage der Unternehmensberatung PwC Ende März verdeutlichte, dass sich ÖsterreicherInnen wegen KI um ihre Jobs fürchten, rund 63 Prozent gaben an, dass KI zahlreiche Arbeitsplätze bedrohen und einen Wandel in der Arbeitswelt auslösen könnte. Stimmt, der Wandel wird kommen, doch wahrscheinlich anders, als wir glauben. Statt ein Jobkiller zu sein, könnte KI zum Jobshifter werden, Arbeitsplätze also lediglich verschieben, anstatt sie wegzunehmen. Und sie könnte Freiheiten schaffen: Ärzte können wieder heilen statt abfertigen, Handwerker gestaltet statt zusammenbauen, Journalisten deuten statt Informationsfluten zu erzeugen. Das alles nur, weil Routinearbeit von der KI übernommen werden kann.
Kleines ABC der KI
Was ist Künstliche Intelligenz (KI)?
Die KI, einfach erklärt, ist der Versuch, menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen und ihm damit Intelligenz zu verleihen. Statt für jeden Zweck programmiert zu werden, kann eine KI eigenständig Antworten finden und selbstständig Probleme lösen. Der englische Begriff Artificial Intelligence wurde im Jahr 1956 vom US-amerikanischen Computerwissenschaftler John McCarthy eingeführt.
Was ist ein Chat-Bot?
Ein Chatbot ist eine Anwendung, die Künstliche Intelligenz verwendet, um sich mit Menschen in natürlicher Sprache zu unterhalten. Benutzer können Fragen stellen, auf welche das System in natürlicher Sprache antwortet. Er kann Texteingabe, Audioeingabe oder beides unterstützen.
Was heißt Machine Learning?
Machine Learning (deutsch: Maschinelles Lernen) ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz, der Systeme in die Lage versetzt, automatisch aus Erfahrungen (Daten) zu lernen und sich zu verbessern, ohne explizit programmiert zu sein.
Was heißt Algorithmus?
Ein Algorithmus ist eine vordefinierte Vorgehensweise, die in Einzelschritten Probleme oder Aufgaben löst. Während Algorithmen in fast allen Alltagsbereichen vorkommen, spielen sie vor allem in der Informatik und im Zusammenhang mit Computerprogrammen eine zentrale Rolle.
Künstliche Intelligenz im Alltag
Daten und Algorithmen sind überall. Oft unbemerkt, aber hilfreich. Manchmal erschreckend nah dran am Menschen, seinen Interessen, Wünschen und sogar Geheimnissen. Und auch wenn sich noch so viele gegen sie wehren – nein, ich möchte die Cookies nicht akzeptieren! – haben sie bereits unbemerkt in vielen Varianten und Bereichen einen festen Platz in unserem Alltag gefunden. Ob es nun eine Siri, Alexa oder Cortana ist, die „Damen“ machen noch immer Fehler, lernen aber schnell. Durch Machine Learning, also maschinelles Lernen, erkennen die Sprachassistenten gewisse Muster in gespeicherten Daten, um so immer präzisere Antworten geben zu können oder Befehle auszuführen. Sprachsteuerungen sind auch im smarten Zuhause an der Tagesordnung. Licht an, Licht aus, Kaffeemaschine an, noch während man sich im Bett den Schlaf aus den Augen reibt, Schattenrollo runter, sobald der erste Sonnenstrahl das Fenster berührt … die Bewohner füttern ihr Zuhause mit Daten, das intelligente System lernt „seine“ Familie kennen und versucht alles, um sie glücklich zu machen. Ohne Gefühle, versteht sich. Heute schon Ihre Lieblingsmusik auf Spotify gehört? Oder auf Social Media die neueste Kollektion des favorisierten Modehersteller geliked? Dann wundern Sie sich nicht, wenn Sie demnächst mit neuen Songs und Werbung für das Label überschüttet werden. Natürlich genau auf Sie zugeschnitten. Bereit, in die perfekte Playlist integriert und als neues, modisches Lieblingsteil bestellt zu werden. Auch beim Blick in die Zukunft der Automobilindustrie wird KI deutlich: Damit Autos völlig autonom fahren können, muss ihre Elektronik dreimal schneller rechnen können als der Mensch. Denn nur so wird ein Fahrzeug seine Umwelt selbstständig verstehen und richtig reagieren können – die Grundvoraussetzung für autonomes Fahren. Unsere Landwirte und Landwirtinnen setzen ebenfalls vermehrt auf KI, der Bauernhof 2.0 arbeitet mit teilautonom fahrenden Mähmaschinen, Fütterungs- und Melkroboter erkennen einzelne Tiere und passen Futtermenge und Melktätigkeit an sie an, per Sensoren am Halsband der Bauernhoftiere wird deren Gesundheit gemessen und starke Abweichungen an den Bauern und die Bäuerin weitergegeben, das US-Startup Iron Ox lässt auf einer Indoor-Farm vollkommen automatisierte Produktionsanlagen Gemüse, Obst und Salat anbauen, pflegen und ernten … Wir stehen erst am Anfang, doch die KI kommt – unwiderruflich!
Chatbots als fragwürdige Inspirationsquelle
Ein Eminem-Song über Katzen, der viral ging. Ohne, dass der US-Musiker je über die flauschigen Fellnasen gesungen hat. Ein detaillierter Text über komplexe Technikthemen. Ohne, dass der Schreiber auch nur ein einziges Wort selbst geschrieben – geschweige denn eine Ahnung von dem komplexen Themengebiet hat. Kunstwerke, die für Millionen versteigert werden. Ohne, dass der vermeintliche Künstler etwas von Kunst versteht. Der Hype um den Chat-Bot ChatGPT des kalifornischen KI-Forschungslabors OpenAI ist groß. Plötzlich lassen SchülerInnen von ihm ihre Hausaufgaben schreiben, Vorstände ihre Reden und nicht-technisch-versierte Menschen programmieren simple Programme. Das GPT-4-System kann als sogenannte „generative KI“ mittlerweile eigene „kreative“ Texte und Bilder erzeugen. Nach der anfänglichen Euphorie über den Sprachbot machen sich bei Experten allerdings Zweifel breit. Wissenschaftler fordern eine KI-Entwicklungspause, während Italien von Ende März bis Ende April ChatGPT sogar verboten hat, weil die Aufsichtsbehörde die Meinung vertrat, der KI-Chatbot verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union. Am 29. April gab der CEO von OpenAI, Sam Altman, bekannt, dass ChatGPT „in Italien wieder verfügbar“ sei. Welche Schritte das Unternehmen genau unternommen hat, um die Transparenzanforderungen der italienischen Regulierungsbehörde zu erfüllen, ist nicht bekannt. Ob nun Fluch oder Segen, KI wird uns weiterhin erhalten bleiben. Und solange der Mensch noch seine eigenen, ehrlichen Gefühle zum Ausdruck bringt, und zwischenmenschliche Beziehungen ganz ohne robotergleichem Sprachrohr führen kann, sehen wir der kommenden Zeit mit Spannung entgegen!