Period shaming, also das Schämen für die Menstruation, ist kein Phänomen von heute, sondern reicht lange zurück. Wir räumen auf mit den gängigsten Mythen. Denn unsere Menstruation ist viel zu wichtig, um versteckt zu werden!
Ja, ich blute. Ja, ich tu es sogar einmal im Monat. Ja, ich werde es wieder tun. Und nein, warum sollte es mir peinlich sein? Die Begriffe für den Prozess, der alleine in dieser Sekunde jede siebte Frau beschäftigt, sind vielfältig: Regel, Tage, Erdbeerwoche, Periode, Menstruation. Viele Wörter, eine Bedeutung: dass das, was aus unserer Vagina tropft, wirklich, wirklich wichtig ist. Nicht eklig, nicht zum Schämen, sondern einfach nur ein ganz normaler Vorgang im Körper einer Frau. Deal with it!
Es beginnt am Beginn
Die erste Periode ist für Mädchen etwas ganz Besonderes. Auch wenn die Regel keine Regeln kennt, kommt sie meist unerwartet, mit Bauchzwicken, vaginalem Ausfluss, Spannen in der Brust und Krämpfen im Unterleib. Und während sie im ersten Moment etwas fast schon Magisches hat, immerhin wird man mit ihrem Einsetzen zumindest körperlich vom Mädchen zur Frau, kommt schnell die Ernüchterung. Denn das Thema wird totgeschwiegen. Bis einen jene Horrormomente einholen, über die man im Hollywood-Streifen lacht: Blutflecken auf der hellen Hose, aus der Tasche gepurzelte Tampons, die man mit hochrotem Kopf zurücksteckt, der Gang zum Kassatisch mit der Riesenpackung Binden für die Nacht. Uns wird früh gelehrt, unsere Tampons in kleine Plastiksackerl zu stecken und diese schnell verschwinden zu lassen und dem Chef Kopfschmerzen vorzuschwindeln, obwohl wir uns daheim mit Krämpfen abseits jeder Realität aufs Klo zurückziehen. Was stimmt mit unserer Gesellschaft nicht, dass eine ganz normale Körperfunktion – die übrigens dafür verantwortlich ist, dass es uns alle überhaupt gibt – als eklig und schamvoll empfunden wird?
Kleine, blutige Zeitreise
Wir Frauen haben nicht erst vor ein paar Jahren angefangen zu bluten, sondern tun das schon immer. Ohne Zyklus kein neues Leben, basta! Das Stigma der Menstruation begann schon vor langer Zeit: So fand Aristoteles sie schmutzig und nannte sie ein Defizit in der Physik des weiblichen Körpers. Im Hinduismus durften Frauen lange Zeit nicht an religiösen Zeremonien teilnehmen, wenn sie bluteten, im Judentum durfte man als Mann Menstruierende nicht berühren, um nicht unrein zu werden, und auch in der katholischen Kirche galt die Frau während der Menstruation als minderwertig – schließlich war die Blutung die Strafe für die Verfehlung Evas! Im 19. und 20. Jahrhundert wurde es auch nicht besser, bis in die 1970er-Jahre glaubte man sogar, dass das Menstruationsblut giftig sei und Lebensmittel verderben könne. Heute müssen wir uns – während wir „auf der roten Welle surfen“ – zwar nicht mehr verstecken, wohl aber unsere Menstruationsprodukte. Denn die Werbung zeigt uns, wie Periode sein soll: „diskret“.
Menstruation: kein Tabu-Thema!
Wir fangen nochmal bei null, also bei den Basics, an, immerhin kann man nicht oft genug lesen, wieso unser Körper tut, was er tut. Also bluten. In der ersten Zyklushälfte baut sich die Gebärmutterschleimhaut auf und wartet quasi auf die Eizelle, die in einem der beiden Eierstöcke heranreift und beim sogenannten Eisprung in die Gebärmutter wandert. Wird die Eizelle durch ein Spermium befruchtet (nennen wir das Kind beim Namen: das passiert beim Sex oder durch einen künstlichen Eingriff), kann dort ein Embryo heranreifen, ein kleiner Mensch entsteht. Wird die Eizelle aber nicht befruchtet, wird die überflüssige Gebärmutterschleimhaut abgestoßen und kommt als teils klumpige Blut-Schleimhaut-Mischung wieder heraus. Klingt spannend, oder?
Der Schmerz hat seinen Preis
Um der Blutung Frau zu werden, bieten Unternehmen eine riesige Bandbreite innovativer Produkte an: Tampons, Binden, Einweghöschen, waschbare Slipeinlagen und Menstruationstassen sind umweltfreundlicher denn je. Dass wir dafür bis zu 5.000 Euro in einem Frauenleben hinblättern müssen, juckt allerdings keinen. Übrigens: Wer über Regelschmerzen klagt, ist weder Mimose, noch Vorm-Turnunterricht-Drückerin. Denn die Schmerzen im Unterleib können die Intensität eines Herzinfarkts erreichen, fand der britische Uniprofessor und Forscher John Guillebaud heraus. Zu den körperlichen Schmerzen kommen noch die seelischen: das berühmt-berüchtigte Prämenstruelle Syndrom (PMS) macht die Frauen während ihrer Periode nicht zu Zicken, sondern schleudert vielmehr die Hormone gehörig durcheinander und sorgt für Zustände bis hin zur Depression.
Schluss mit der Scham
Period Shaming hat es sogar bis zu den Vereinten Nationen geschafft: Sie bezeichnen Menstruationsscham und -desinformation sogar als Bedrohung der Menschenrechte, denn Frauen seien dadurch Diskriminierung, Gewalt und Gesundheitsproblemen ausgesetzt. Es ist wichtig, über die Menstruation zu sprechen. Und auch, wenn man mal genervt vom schlechten Timing ist, von den Schmerzen, der Gewichtszunahme und den Fressattacken, so hat die Menstruation es nicht verdient, verheimlicht zu werden. Lasst uns übers Bluten reden – völlig unverkrampft!
„Und nein, unser Blut ist ganz sicher nicht blau wie die Flüssigkeit, die glückliche Frauen auf superflexible, mikrodünne Binden mit der angeblichen Saugfähigkeit eines Tafelschwamms tropfen lassen.“
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