Sie engagiert sich als freiberufliche Hebamme, hilft in den ärmsten Regionen der Welt und half für das Rote Kreuz auf einem Flüchtlingsschiff sowie in einem Feldspital in Bangladesch …
Dafür bekam Josefa Fasching aus Waldhausen im Dezember 2022 den Menschenrechtspreis des Landes OÖ. verliehen. Die Wahl-Afrikanerin über ihr Wirken, ihre Grenzen und das kleine Wort „Danke“, das im Angesicht des Todes eine noch größere Bedeutung hat.
Menschlichkeit – was bedeutet dieses Wort heutzutage für Sie?
Hier möchte ich Artikel 29 der Menschenrechte zitieren: Wir alle trage Verantwortung gegenüber anderen. Für mich gehört dazu, den anderen wenn nötig dazu verhelfen, ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Einen Handgriff mehr als nötig zu tun. Nachsichtig sein. Aber auch, seine Aktivität nicht auf angeschafften Social-Media-Applaus auszurichten und immer den eigenen Vorteil sehen. Das ist für mich Menschlichkeit.
Geboren und aufgewachsen sind Sie im Mühlviertel, Ihren Weg als freiberufliche Hebamme gehen Sie meistens aber in anderen Teilen der Welt. Wie ist Ihre (Berufs-)Geschichte?
Ich bin eine spätberufene Hebamme und habe meine Ausbildung mit 30 Jahren auf dem zweiten Bildungsweg absolviert. Meine Tätigkeiten in österreichischen Spitälern waren kurz und erst in London habe ich meinen Platz in einem multikulturellen Team, hier habe ich mich fünf Jahre lang sehr wohl gefühlt.
Auch jetzt sind Sie gerade im westafrikanischen Guinea aktiv, einem der ärmsten Länder Afrikas. Was machen Sie dort genau?
Ich betreue die von mir ausgewählten Projekte. Mit Spendengeldern werden die Krankenstation renoviert, Ausgemalt, das Dach repariert, Brunnen gegraben, Solaranlagen installiert, aber auch Betten, Matratzen und medizinische Hilfsmittel gekauft. Das Hauptaugenmerk jedoch liegt auf der Schulung des Krankenhaus-Personales, im Besonderen Hebammen, traditionelle Geburtshelfer und klinische Mitarbeiter. Neben meiner Arbeit werde ich auch mit vielen weiteren Sorgen und Beschwerden konfrontiert, ich nähe Platz- und Schnittwunden, mache Parasiten- und Wurmbehandlungen … Was halt so anfällt!
Auch einen „Notfall-Ernährungsplan“ haben Sie ins Leben gerufen …
Den Menschen hier fehlen oft gerade einmal sechs Euro im Monat, um Essen für ihre Kinder zu kaufen. Mir ist es eine Herzensangelegenheit, Babynahrung für unterernährte Babys und Kleinkinder zur Verfügung stellen zu können.
Wie kann man sich die Arbeit in einem System, das so anders ist als unseres, vorstellen?
Es ist schwer vorstellbar, eine Krankenstation zu führen, wo es kaum Medikamente gibt und das Personal nicht bezahlt wird. Es fehlt an Motivation, jeder kämpft für sich, es geht um das eigene Überleben, Korruption steht an der Tagesordnung. Patienten haben kein Geld für eine Behandlung – und wir sprechen hier von zwei Euro oder ein bisschen mehr -, weswegen sie sehr spät, wenn überhaupt, medizinischen Rat einholen.
Ihr einprägsamstes Erlebnis während Ihrer Arbeit als Hebamme?
Jede Geburt ist einmalig – mal schön, mal traurig. Ein Erlebnis hat mich besonders geprägt: eine Frau musste samt Bett auf einem LKW ins Krankenhaus gebracht werden, sie konnte nach tagelangen Wehen nicht mehr gehen. Nach einer Totgeburt mit einem Notkaiserschnitt bedankte sie sich, dass sie am Leben ist … Ich bekomme sehr viel Dankbarkeit für Dinge, die bei uns als selbstverständlich gelten und nicht honoriert werden.
2018 halfen Sie außerdem als Hebamme in einem Feldspital in einem riesigen Flüchtlingslager in Bangladesch. Wie schafft man es, mit so viel Leid der Menschen, so vielen einzelnen Schicksalsschlägen, umzugehen?
Ich weiß, dass solche Einsätze auf allen Ebenen sehr viel abverlangen. Eine gewisse mentale Stärke vor Ort hilft aber enorm. Ich versuche, das Elend, das Unrecht und die Hoffnungslosigkeit wegzuschieben und jeden Moment, den ich mit PatientInnen in solchen Situationen verbringe, so schön und angenehm wie möglich zu machen.
Noch eine wichtige Station in Ihrem Leben war im September 2021, als Sie zwei Monate lang Teil des medizinischen Teams der Ocean Viking waren. Einer Schiffs-Crew, die geflüchtete Menschen im Mittelmeer rettete. Wir alle kennen die verstörenden Bilder aus Nachrichten und Fernsehen. Ist die Realität noch schlimmer?
Unvorstellbar schlimmer! Die Flüchtlinge haben eine monate- und oft jahrelange Tortur hinter sich, bis sie in Lybien in der Falle sitzen. Die Überfahrt nach Europa ist, falls sie überhaupt lebend dort ankommen, nicht das Ende – das Leid und würdelose Dasein gehen ja weiter.
Für Ihr Wirken wurde Ihnen am 12. Dezember 2022 der Menschenrechtspreis des Landes OÖ. verliehen. Was bedeutet Ihnen das?
Der Preis kam für mich überraschend, er bedeutet mir sehr viel und ich habe mich darüber gefreut. Der Menschenrechtspreis bestärkt mich in meiner Arbeit und am schönsten ist, dass sich so viele mit mir freuen!
„Ich bekomme sehr viel Dankbarkeit für Dinge, die bei uns als selbstverständlich gelten.“
Josefa Fasching, freiberufliche Hebamme
Haben Sie auch schon einmal darüber nachgedacht, Ihr sprichwörtliches „Leben zwischen den Welten“ hinter sich zu lassen und „einfach nur“ als Hebamme in Oberösterreich zu arbeiten?
Nicht wirklich. Solange ich Kraft dazu habe, werde ich weiter unter den schwierigen Bedingungen in Afrika, und wo sonst noch, arbeiten.
Was gibt Ihnen den größten Antrieb für Ihre Arbeit?
Einen kleinen Beitrag dazu leisten, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Mein Wunsch ist immer, dass die MitarbeiterInnen hier mich nicht mehr brauchen und ich mir ein neues Projekt suche.
Wer ist der Mensch Josefa Fasching privat? Und wo laden Sie Ihre Batterien auf?
Auch wenn ich oft als „coole Hax´n“ rüberkomme, bin ich ein nachdenklicher und ernster Mensch. Vieles geht mir nahe, wenn mir etwas ungerecht erscheint, oder ich Leid sehe, muss ich handeln. Glücklich machen mich die Natur, Blumen und Bücher, Laufen, Yoga, alleine sein und ans Meer fahren.
Jede Spende hilft!
Mit 30 Euro wird ein Kind in Guinea einen Monat vollwertig ernährt. Helfen Sie mit!
Kontoverbindung:
Projekt Frouki
IBAN: AT09 3477 7000 0813 2581
BIC: RZOOAT2L777