Teures Leben: „Die Lage wird sich weiter verschlechtern!“

Rekord-Inflation, explodierende Energiekosten und teure Lebensmittel – die hohen Preise für das tägliche Leben werden für immer mehr Menschen im Land zu einer großen Belastung. Das spüren natürlich auch die Sozialorganisationen im Land.

„Wir bemerken in unseren beiden Sozialmärkten in Linz und Wels einen Anstieg bei der KundInnenfrequenz um zirka 30 Prozent und es gab unsererseits bereits Engpässe bei der Versorgung mit Obst, Gemüse und Grundnahrungsmitteln. Das heißt, wir sind mit einer gestiegenen Nachfrage bei gleichzeitig weniger Angebot konfrontiert und daher für jede Spende dankbar“, erklärt Fred Edlinger, bei der Volkshilfe Oberösterreich für die übers Bundesland verteilten Shops verantwortlich. 

Erwin Höhenberger von der OÖ Tafel. © OÖ Tafel

Bei den NeukundInnen in den beiden Sozialmärkten handelt es sich laut Edlinger verstärkt um Alleinerziehende und PensionistInnen, steigende Frequenz sei aber auch in den „normalen“ und für alle Menschen offenstehenden Volkshilfe-Shops zu erleben. „Das hat einerseits mit den Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz zu tun, andererseits aber vor allem mit der Teuerung, die so viele Lebensbereiche und mittlerweile auch die Mittelschicht unserer Gesellschaft betrifft. Die Menschen suchen nach Alternativen beim Einkauf, um den gewohnten Lebensstil möglichst lange halten zu können“, weiß Edlinger.

 

„Für die meisten Menschen, die zu uns kommen, ist das Leben vorher schon nur mit viel Verzicht und Kreativität zu bewältigen gewesen. Jetzt kommen sie nicht mehr über die Runden bzw. nur mit Hilfe der Einmalzahlungen des Bundes, die aber keine nachhaltige Lösung sind.“

Michaela Haunold, Leiterin der Caritas-Sozialberatungsstellen in Oberösterreich

 

Gutscheine als „Erste Hilfe“

Die Auswirkungen der Teuerungswellen spürt auch die Caritas Oberösterreich. Unter anderem in ihren Sozialberatungsstellen. „Wir haben dort heuer bisher mehr als 13.000 Beratungsgespräche geführt. Vergangenes Jahr waren es um diese Zeit 12.000 Beratungen. Das sind rund acht Prozent mehr“, sagt Michaela Haunold, Leiterin der Caritas-Sozialberatungsstellen in Oberösterreich. Und ergänzt, „dass wir 2021 schon aufgrund der Covid-Krise eine ähnliche Steigerung im Vergleich zu ‚normalen‘ Jahren hatten, also ist das Ausgangsniveau bereits ein sehr hohes.“

Als „Erste Hilfe“, um eine akute Notsituation zu überbrücken, werden in der Caritas-Sozialberatung Lebensmittel- und Bekleidungsgutscheine ausgegeben. Wenn erforderlich, werden auch Zuschüsse zu Heizungs-, Strom- oder Mietrechnungen gewährt, allerdings nicht langfristig, sondern immer nur als Überbrückungshilfe. Und diese wird im nahenden Herbst wohl für noch mehr Menschen notwendig sein. Weil sich die Lage zweifelsohne weiter verschlechtern werde. „Denn die Fixkosten wie Strom, Miete und Betriebskosten steigen weiter. Dazu kommen immer mehr Nachzahlungen bei den Jahresabrechnungen, die das Haushaltsbudget belasten. Und für manche Menschen werden die Teuerungen bei Energie erst dann wirksam, wenn der Vertrag mit dem Energieanbieter mit der bestehenden Preisbindung ausläuft oder aus anderen Gründen ein neuer Vertrag abzuschließen ist“, erklärt Haunold. 

 

„An unseren Halbpreistagen jeden ersten Freitag im Monat erleben wir in unseren Shops die dreifache KundInnenfrequenz wie an normalen Einkaufstagen.“

Fred Edlinger, Bereichsleiter Volkshilfe OÖ Shops

 

200 neue Berechtigungskarten

Dass es – der anstehenden Abrechnungen geschuldet – im Herbst schlimmer wird, steht auch für Erwin Hehenberger außer Frage. Hehenberger ist Obmann der OÖ Tafel, einer privaten Sozialeinrichtung, die dank zahlreicher ehrenamtlicher Helfer ein breites Angebot für Bedürftige bieten kann. „Die ganzen Teuerungen werden jetzt schlagend, die Kosten steigen weiter“, sagt Hehenberger. Der Staat tue hier einfach zu wenig. Gutscheine seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein und hätten keine Dauerwirkung.

In Wels betreibt die Tafel eine Sozialberatungsstelle, einen Sozialladen und eine Sozialküche, wegen der Teuerungswelle(n) wurden in den vergangenen drei Monaten weitere 200 Berechtigungskarten ausgestellt. „Dadurch ist leider auch die Versorgung schwieriger geworden“, sagt Hehenberger. 

 

© „a_kep“, © VH OÖ

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