Grün. Nachhaltig. Organisch. Naturnah. Umweltfreundlich. Natürlich – Begriffe wie diese gehen KonsumentInnen runter wie Bio-Olivenöl. Doch was ist dran an den Produkten, die – oft noch mit einem schönen Gütesiegel versehen – derart beworben werden? Können wir tatsächlich ohne Gewissensbisse zugreifen oder steckt sogenanntes „Greenwashing“ dahinter?
Der Begriff Greenwashing bezeichnet (PR-)Strategien, mit denen Unternehmen danach trachten, sich ein ökologisches, nachhaltiges Image zu verschaffen, ohne dass es dafür eine faktische Grundlage gibt. Es werden irreführende oder klar falsche Informationen darüber verbreitet, wie umwelt- oder klimafreundlich ein Produkt ist.
Fehlende Definitionen
Der Begriff „BIO“ ist in Österreich geschützt. Wo „BIO“ drauf steht, muss jedenfalls BIO drin sein. Anders verhält es sich mit schönen Umschreibungen wie „nachhaltig“, „umweltfreundlich“, „grün“, „klimafreundlich“ und „umweltschonend“ – diese Begriffe sind weder genau definiert, noch unterliegen sie einer rechtlich bindenden Prüfung. Auch das Prädikat „regional“ kann beliebig verwendet werden, ohne dass deklariert werden muss, wo Regionalität anfängt oder aufhört. „Aus der Region“ klingt erstmal gut, es ist aber einem Unternehmen völlig freigestellt, wie es die Region definiert.
Fließende Grenzen
Direkt gelogen wird von grünwaschenden Unternehmen selten, eher kann man von gezielter Desinformation sprechen, was aber wiederum nicht zwingend die Unwahrheit sein muss. Klingt schwammig – und ist es auch! Wenn beispielsweise ein Modelabel offensiv damit wirbt, dass seine T-Shirts aus Bio-Baumwolle hergestellt werden, ist das zuallererst natürlich Grund zur Freude. Bio ist gut – wir greifen gerne und mit ruhigem Gewissen zu.
Mitunter aber ist es nur ein ganz kleiner Teil des gesamten Sortiments, der nachhaltig und umweltfreundlich erzeugt wird, der weitaus größte Teil besteht weiterhin aus konventionell angebauter und geernteter Baumwolle oder aus klimaschädlichen Polyesterfasern. Oder aber die Kleidung besteht zwar aus Bio-Baumwolle, wird aber unter menschenunwürdigen Bedingungen in Dritte-Welt-Ländern genäht und ist somit keineswegs „nachhaltig“. Manchmal sind also die „grünen“ Behauptungen durchaus wahr, beziehen sich allerdings nur auf eine kleine Produktlinie, das Kerngeschäft ist jedoch häufig gar nicht so umweltfreundlich und nachhaltig, wie man uns glauben machen möchte.
Selbstverständlichkeiten und Zielkonflikte
Gelegentlich werden auch nachhaltige Merkmale bei Produkten hervorgehoben, die längst gesetzlich vorgeschrieben sind, um das Image grüner erscheinen zu lassen, als es ist. Wenn beispielsweise Haarsprays als „FCKW-frei“, also Fluorchlorkohlenwasserstoff-frei, beworben werden, ist das dreistes Greenwashing. Denn: FCKW ist bereits seit 1991 verboten – wir haben aber noch im Kopf, dass es sich um ein klimaschädliches Treibhausgas handelt und greifen eher zu den Produkten, die extra anführen, frei von diesem Stoff zu sein. Genauso gut kann man eine Banane als „plastikfrei verpackt“ hervorheben oder Mineralwasser als vegan und glutenfrei – das ist selbstverständlich und muss eigentlich nicht extra betont werden. Häufig geschieht dies jedoch, um von anderen, wenig nachhaltigen, Eigenschaften des beworbenen Produktes abzulenken.
Auch sogenannte Zielkonflikte sind häufige Formen von Greenwashing: Produkte werden als „klimafreundlich“ deklariert, was sie im Vergleich zu anderen Produkten auch durchaus sind, schaden aber trotzdem der Umwelt. Aktuelle Beispiele: Atomkraft und E-Autos – sie sind wohl einerseits klimafreundlicher als Strom aus Kohle und Autos mit Verbrennungsmotor, aber in der Herstellung und Entsorgung höchst problematisch. Auch dass die EU mit der neuen Taxonomie-Verordnung Atomenenergie und fossiles Erdgas als „nachhaltige Übergangstechnologie“ einstuft, muss als Greenwashing gewertet werden.
Die Strategie macht den Unterschied
Ist nun jede Marketing-Maßnahme, die einem Unternehmen einen „grünen Touch“ verleiht, zu verteufeln? Keineswegs – wichtig ist aber, dass eine längerfristige Strategie dahinter steckt und eine nachhaltige Perspektive erkennbar ist. Bleiben wir beim Modelabel mit der Bio-Baumwolle: Wenn dieses Label die kleine Kollektion aus Bio-Baumwolle offensiv bewirbt und gleichzeitig erklärt, dass diese Produkte zwar bisher lediglich ein Prozent des Umsatzes ausmachen, das langfristige Ziel allerdings ist, diesen Anteil in den nächsten Jahren zu verzehnfachen, so ist dahinter eine Strategie erkennbar, die das betreffende Unternehmen vom Verdacht des Greenwashings befreit.
INFO
Welchen Gütesiegeln können wir trauen?
Aufgrund der beinahe unüberschaubaren Vielzahl empfiehlt sich stets eine kurze Recherche im Internet. Verschiedene NGOs bewerten laufend nach Standards betreffend Tierwohl, fairem Handel und Arbeitsbedingungen.
Beispiel Lebensmittel
- BIO Austria
- Zurück zum Ursprung (Hofer)
- Ja! Natürlich (Rewe)
- Spar Natur*pur
- Demeter
Quelle: Guide „Zeichen-Tricks“ von Greenpeace (2.Auflage, Stand Mai 2021)
Beispiel Textil
- IVN Best
- GOTS-Standard
- (Global Organic Textile Standard)
- Made in Green von Öko-Tex
Quelle: Guide „Textil-Siegel“ von Greenpeace (5. Auflage, Stand April 2018)