Chronische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus

Lässt Risiko für Depression, Herzinfarkt und Unfälle steigen

Dauern Schlafstörungen länger als sechs Monate an, werden sie als chronisch bezeichnet. Diese Form tritt bei ca. zehn Prozent der Bevölkerung auf, Frauen sind öfter betroffen als Männer.

Rund 25 Prozent aller Österreicher sind von Schlafstörungen, sprich anhaltend ungenügender Schlafdauer oder Schlafqualität, betroffen. Ist der Schlaf-Wach-Rhythmus langfristig gestört, hat dies entscheidende Auswirkungen auf den Menschen. Die Folgen reichen von verminderter Konzentrationsfähigkeit, Antriebslosigkeit und Depression über erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus bis hin zu Unfallhäufungsgefahr aufgrund exzessiver Tagesmüdigkeit und Sekundenschlaf. Chronifiziert sich eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus bzw. dauert sie länger als sechs Monate an, muss sie unbedingt abgeklärt und behandelt werden.

Ein Schlafzyklus dauert zirka 90 Minuten und umfasst die REM-Phase, in welcher wir träumen, sowie die Schlafstadien I, II, III und IV. Letzterer bezeichnet den Tiefschlaf“, erklärt Margit Mehlmauer, Oberärztin an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Klinikum Wels-Grieskirchen. 

Im Laufe einer Nacht durchlaufen wir mehrere Schlafzyklen. Die Schlafstunden pro Tag und der Prozentanteil des REM-Schlafes nehmen mit zunehmendem Alter ab. Individueller Schlafbedarf und Biorhythmus sind genetisch festgelegt – CLOCK-Gene steuern die „innere Uhr“. „Schlafgesunde Menschen geben Wohlbefinden bei vier bis zwölf Stunden Schlaf am Tag an“, so Mehlmauer. „Die Lerche, der Morgentyp, zeigt ein frühes Aktivitätsmaximum, die Eule, der Abendtyp, ein spätes zweites Aktivitätsmaximum.“   

Chronische Insomnie

„Insomnische Beschwerden sind extrem häufig und betreffen in vor-übergehender Form mehr als die Hälfte der Bevölkerung“, erklärt Mehl-
mauer. „Ursachen dieser Ausprägung sind aktueller Stress, ungünstige Umgebungsbedingungen, wie Lärm und nicht ideale Temperatur, eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus durch einen Jetlag sowie Nebenwirkungen von Medikamenten.“ 

Hält die Insomnie länger als sechs Monate an, wird sie als chronisch bezeichnet. Diese Form tritt bei zirka zehn Prozent der Bevölkerung auf, Frauen sind öfter betroffen als Männer. Ein erhöhtes Vorkommen wird unter älteren Menschen und innerhalb von Familien verzeichnet. 

 

„Durch eine chronische Insomnie steigt das Risiko für Depression, Angststörung und Alkoholmissbrauch.“

Dr. Margit Mehlmauer, Oberärztin an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Klinikum Wels-Grieskirchen

 

 

Auslösende Faktoren

Zu den Ursachen zählen Depression, Nieren- und Herzerkrankungen, Asthma, das Schlafapnoesyndrom, das Restless-Legs-Syndrom, eine Schilddrüsenüberfunktion, der Konsum von Substanzen wie Koffein, Alkohol oder Beruhigungsmitteln (Benzodiazepine), chronischer Stress oder Schichtarbeit.

Schwere Konsequenzen

Die Folgen reichen von kognitiven Einschränkungen zu Störungen der psychischen Befindlichkeit bis hin zu somatischen Beschwerden und verminderter Lebensqualität. Chronische Insomnien sind mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, Angststörungen und Alkoholmissbrauch verbunden. Auch stellen sie einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus und neurodegenerative Erkrankungen dar.

Umfangreiche Abklärung

„Die Diagnosestellung erfolgt mittels Schlaffragebögen und Schlaftagebücher, die morgens und abends vom Patienten auszufüllen sind“, so Mehlmauer. „Ferner sollte eine organmedizinische Abklärung inklusive Laboruntersuchung und psychiatrischer Untersuchung und gegebenenfalls spezifische Untersuchung des Schlafes mittels Aktigraphie oder Polysomnographie durchgeführt
werden.“

Wirkungsvolle Therapie

In der Behandlung wird zum Beispiel auf Schlafmittel (Hypnotika) gesetzt. „Sowohl klassische Benzodiazepine als auch die neuen Z-Substanzen sollten aufgrund der hohen Problematik von Missbrauch und Abhängigkeit ausschließlich in der Kurzzeitbehandlung in einer maximalen Dauer von vier Wochen eingesetzt werden“, gibt die Expertin zu bedenken. „Die Einschlafzeit wird verkürzt, die Gesamtschlafzeit verlängert, wobei es allerdings zur Abnahme von Tiefschlaf und REM-Phase kommt.“ Wirkungsvoll sind zudem sedierende Antidepressiva. „Vor allem für Patienten 55plus ist Melatonin eine Option. Die Schlafarchitektur wird dadurch nicht wesentlich beeinflusst, es verbessert sich die subjektive Schlafqualität.“

Alternativen und mehr

Pflanzliche Behandlungsmöglichkeiten umfassen Medikamente mit Baldrian, Melisse, Hopfen oder Passionsblume. Darüber hinaus sind schlafhygienische Regeln wichtig und Psychotherapie in Form kognitiv-verhaltenstherapeutischer Techniken wie Entspannung, Bettzeitrestriktion und Reduktion nächtlicher Grübeleien. Zusätzlich helfen können Bewegungs- bzw. Lichttherapie (bei Biorhythmusstörungen).

Organisch bedingt

Schlafstörungen können auch organisch bedingt sein. Dazu zählen das Restless-Legs-Syndrom (RLS) sowie die schlafbezogenen Atemstörungen. Auch sie führen langfristig zu einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit, Leistungsverlust und Depression, aber auch zu einem erhöhten Unfallrisiko durch Sekundenschlaf.

© Klinikum Wels-Grieskirchen

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