Ein Elektroauto kann ein Haus mit Strom versorgen

Der Honda e sieht knuffig aus und kann schon jetzt bidirektional laden. Ladesäule von Evtec.

Die Sonne scheint, das Solardach läuft auf Hochtouren, doch wohin mit dem überschüssigen Strom? Am besten ins E-Auto. Der dort gespeicherte Strom kann bei Bedarf problemlos wieder in das Hausstromnetz eingespeist werden und bringt Lampen zum Leuchten und Fernseher zum Laufen. Was es dazu braucht? Eine Wallbox für bidirektionales Laden.

Das Zauberwort heißt bidirektionales Laden. In der Schweiz ist der erste große Technologietest mit Dutzenden Elektroautos als mögliche Powerbanks gestartet. 50 Elektrofahrzeuge sollen während eines Jahres Strom aus ihren Batterien ins Stromnetz zurückspeisen, wenn sie gerade nicht gefahren werden. Während eines Jahres wird unter der Führung des Carsharing-Unternehmens Mobility untersucht, wie Elektroautos künftig als Speicher genutzt werden können. Sie könnten helfen, Stromlücken zu schließen und die Netzstabilität zu erhöhen, heißt es. Wäre die gesamte Mobility-Autoflotte von rund 3.000 Fahrzeugen entsprechend technisch ausgerüstet, würde dies laut Firmenangaben die Regelleistung eines Stausees übertreffen.

Der Mitsubishi Outlander PHEV könnte einen Drei-Personen-Haushalt mindestens zwei Tage lang als Notstromaggregat mit Energie für Waschmaschine, Herd, Kühlschrank und andere elektrische Geräte versorgen.

Das Auto als Stromspeicher

Realer dagegen erscheint die kleine Variante, bei der das E-Auto mit der hauseigenen Wallbox verkabelt ist. Durch eine intelligente Steuerung lädt sie nicht nur das E-Auto, sondern versorgt bei Bedarf das Eigenheim mit Strom, indem sie dem Autoakku wieder Strom entzieht. Dann etwa, wenn der Strom zu bestimmten Zeiten besonders teuer ist, die Photovoltaikanlage (PV) auf dem Dach nicht genug Sonnenstrom liefert oder es gar einen Stromausfall gibt. 

Bis zu 10 kW könnte ein Mitsubishi Outlander PHEV über seine CHAdeMO- Schnittstelle abgeben. Damit würde das  SUV einen Drei-Personen-Haushalt mindestens zwei Tage lang als Notstromaggregat mit Energie für Waschmaschine, Herd, Kühlschrank und andere elektrische Geräte versorgen, meint Mitsubishi.

Welche E-Autos können bidirektional laden?

Vorreiter für diese Ladetechnik ist Nissan, denn der Nissan Leaf kann schon seit einigen Jahren als E-Auto bidirektional laden. Generell kann man sagen, dass mehr Modelle asiatischer Hersteller häufiger dafür geeignet sind: Der im asiatischen Raum weit verbreitete CHAdeMO-Stecker war von Anfang an dafür ausgelegt. Nur für diesen Anschluss gibt es aktuell auch ein gültiges Protokoll für das V2G-Laden, um Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen. Der in Europa verbreitete Standard CCS beherrscht das meist noch nicht.

Folgende Modelle können aktuell bidirektional laden: Nissan Leaf, Nissan e-NV200, Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid, Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 und der kleine Honda e. Der  Ioniq 5 und sein Schwestermodell EV6 bestätigen die Ausnahme beim CCS-Standard. Die beiden Modelle können bidirektional auch mit diesem Ladestandard laden. Allerdings stellt man diese Ladetechnik bei Hyundai und Kia aktuell noch nicht in den Fokus der Entwicklung. Möglich wäre es aber, externe Geräte über einen Adapter am CCS-Anschluss mit bis zu 3,7 kW zu laden. Auch Starthilfe könnte man dementsprechend anderen E-Autos geben.

Wallboxen haben viele Hersteller im Angebot – doch nur sehr teure Varianten beherrschen das bidirektionale Laden. Die bidirektional Quasar Wallbox kostet 6.000 Euro, ist bald auch für CCS-Stecker möglich.

Die Wallbox hat eine Schlüsselfunktion

Eine bidirektionale Wallbox verbindet das E-Auto in beide Richtungen mit dem Haus. Ist viel Strom auf dem Markt, wird dieser günstiger und die Wagenakkus werden geladen. Umgekehrt kann das Auto die Hauselektrik versorgen oder günstig gespeicherten Sonnenstrom ins Netz speisen. So lässt sich damit sogar theoretisch Geld verdienen. Auf bis zu 1.000 Euro pro Jahr schätzen Experten die künftig möglichen Nebenverdienste von E-Auto-Haltern. Gezahlt werden sie – so die Idee – entweder von den Stromkonzernen, die die Batterien der geparkten Mobile als Regelleistungs-Puffer für die Netzstabilität nutzen, oder sie ergeben sich aus Kursgewinnen an der Strombörse. Soweit die Theorie. (OW)

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