Unbezahlte Care-Arbeit ist weiblich. Frauen übernehmen 40-50 Prozent mehr der Aufgaben als Männer. Um auf die Unverhältnismäßigkeit aufmerksam zu machen, startet die österreichische Babyartikelmarke MAM jetzt die Initiative #EqualCareEqualShare.
Windeln wechseln, Fläschchen wärmen, stillen, Schnuller suchen, zur Kinderärztin fahren, Einschlafbegleitung, anziehen, beruhigen, vorlesen, trösten, spielen … die Liste der Care-Arbeit von Eltern ist schier endlos. „Unter Mental Load verstehen wir die psychische Belastung, die durch das Organisieren von unsichtbaren Alltagsaufgaben entsteht. Dass hinter der geputzten Küche, dem gefütterten Baby und der gewaschenen Kleidung sehr viel Arbeit, aber auch Sorge steckt, wird viel zu oft nicht gesehen“, erklärte Psychotherapeutin und Mental-Load-Beraterin Barbara Schrammel. Die Expertin tritt dafür ein, Aufgaben sichtbar zu machen, um in Partnerschaften die Zuständigkeiten fair zu verteilen.
Care-Arbeit und Mental Load sind weiblich
Und in den meisten österreichischen Familien sind es nach wie vor die Mütter, die den Löwinnen-Anteil der Care-Arbeit erledigen. In verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften leisten Frauen in Österreich im Schnitt 43 Prozent mehr der unbezahlten Care-Arbeit – der Rattenschwanz an Mental Load-Aufgaben noch nicht miteinberechnet. In ländlichen Gebieten ist die unbezahlte Care-Arbeit noch ungleicher verteilt als in der Stadt. Während Frauen in den Städten um etwa 40 Prozent mehr der unbezahlten Tätigkeiten übernehmen, ist es in kleineren Städten und Vororten ein Plus von fast 50 Prozent.
Sorgearbeit ist weiblich – warum eigentlich?
Die Antwort liegt laut ExpertInnen in der Sozialisation. Erziehung, Rollenvorbilder, Werbung, Verwandtschaft, FreundInnen und Co.: Kinder erleben jeden Tag, welche Erwartungen und Aufgaben an Frauen und Männer gestellt werden. Dabei sehen sie oftmals: Sorgearbeit wird von Frauen geleistet. „Dabei ist Kümmern menschlich und Elternschaft ein Prozess, der erlernt werden muss – von beiden Geschlechtern. Es gibt erwiesenermaßen weder einen sogenannten ‚Mutterinstinkt‘, noch andere Eigenschaften, die Frauen zur Care-Arbeit prädestinieren“, kommentiert Autorin Evelyn Höllrigl. „Veränderung beginnt immer im Kleinen. Das heißt, Bewusstsein fängt schon bei der Sprache an“, so die Expertin.
Dass der Mikrofeminismus, also kleine Gesten und Aktionen wie das generische Femininum, ein Baustein auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Care-Arbeit ist, unterstrich auch Hebamme Erika Heimhilcher: „Wir sprechen von der Krankenschwester und gehen gleichzeitig zum Arzt. Die ungleiche Verteilung der Alltagsaufgaben spiegelt sich auch in der Sprache wider. Das macht etwas mit uns. Um Bewusstsein zu schaffen, müssen wir bewusster kommunizieren.“
Drei Schritte zur gerechten Verteilung
Wie gelingt nun eine faire Verteilung des Mental Loads innerhalb der Familie? Der erste Schritt ist das Schaffen von Bewusstsein für die unsichtbare Denkarbeit u.a. durch das Besuchen von Workshops und gezieltes Informieren. Mental Load-Listen decken Aufgaben sowie Verantwortlichkeiten in der Familie auf. Zuletzt folgt der Austausch und das Gespräch der Partner:innen, bei dem Verantwortungen ganz bewusst verteilt werden. Dabei hat die Mental Load Expertin Schrammel einen wichtigen Tipp: „Fangen Sie klein an und verteilen Sie nur eine Aufgabe, zum Beispiel Bad putzen. Dann sprechen Sie darüber und einigen sie sich: Welche Einzeltätigkeiten gehören alle dazu? Wie oft soll es geschehen? Was wird dazu benötigt? Woran gilt es zu denken?“ Gerechte Verteilung von Mental Load kann ein Prozess sein, der im Familiensystem komplex ist.