Frauen, regelt eure Finanzen

Text: Johanna Seltenhammer

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Larissa Kravitz, Finanzexpertin, Autorin und Gründerin des Start-ups „Investorella“
© Nadine Studeny

Dass Frauen wirtschaftlich oft schlechter dastehen, ist bekannt. Auch an den Börsen sind sie in der Unterzahl, der Großteil aller Investitionen wird nach wie vor von Männern getätigt. Wir haben mit der Finanzexpertin, Autorin und Gründerin des Start-ups „Investorella“, Larissa Kravitz, über die finanzielle Autonomie von Frauen gesprochen. 

Gender Pay Gap, Altersarmut, finanzielle Abhängigkeit vom Partner – alles Themen, die zum überwiegenden Teil Frauen betreffen und durch kluges Investieren abgefedert werden könnten. Obwohl in vielen Familien die Frauen die Hoheit über die familiäre Finanzsituation haben – vorm Investieren an den Börsen scheinen die meisten noch zurückzuschrecken. Und das, obwohl Frauen am meisten davon profitieren könnten. Finanzexpertin Larissa Kravitz hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, Frauen zu mehr Beschäftigung mit ihrem Finanzleben zu ermutigen und ihnen zu finanzieller Autonomie zu verhelfen. Dies gelingt ihr durch Workshops, Online-Kurse sowie durch ihr Buch „Money, Honey!“ und ihren Investorella-Podcast. 

Frau Kravitz, warum liegt Ihnen die Finanzbildung von Frauen so am Herzen?

Meine Mutter hat eine Pension von 560 Euro. Dieses Schicksal wird vielen Frauen blühen. Es geht aber nicht nur um die Altersvorsorge, sondern auch darum, dass Frauen ihr Leben eigenständig und frei gestalten können. Das ist ohne Geld schwierig.

Warum investieren Frauen weniger oft als Männer?

Die Gründe sind vielfältig. Frauen sind tendenziell risikoaverser, ihr Einkommen ist im Schnitt geringer und sie haben zwar das gleiche Niveau an Finanzwissen im Vergleich zu Männern, doch sie sind zögerlicher und weniger selbstbewusst, was Finanzentscheidungen betrifft. Es mangelt auch zu einem gewissen Grad an Vorbildern. Es gibt zwar mittlerweile extrem erfolgreiche bekannte Investorinnen, jedoch sind Männer noch in der Überzahl. 

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Werden wir anders erzogen?

Ja, der Gender Pay Gap entsteht im Kinderzimmer – leider. Dies hat eine Studie der Münze Österreich und Wirtschaftsuniversität Wien gezeigt. Bereits im Teenageralter bekommen Mädchen rund 20 Prozent weniger Taschengeld als Buben. Dies zieht sich als Gender Pay Gap durchs Leben und endet mit dem Gender Pension Gap. 

Wie investieren Frauen?

Sobald sie sich aufs Kapitalmarktparkett gewagt haben, performen Frauen besser als Männer. Sie achten mehr aufs Risiko, was dazu führt, dass sie im Schnitt höhere risikoadjustierte Renditen erzielen. Das gilt vor allem für Privatinvestorinnen. 

Ab welchem Betrag lohnt es sich zu investieren? Und in was?

Es gibt viele, die behaupten, ein Sparplan mit 25 Euro oder 50 Euro macht ja gar keinen Sinn, weil der Betrag zu klein ist, um zu einem signifikanten Vermögen zu werden. Zuerst ist auch ein kleines Vermögen besser als gar keines. Das zweite Argument für den Mini-Sparplan ist die Gewohnheit. Egal wie klein der monatliche Sparplan anfänglich ist, sobald man es gewohnt ist, Monat für Monat zu investieren, bekommt man Übung darin und kann mit der Zeit den Betrag erhöhen. 

In welchem Alter sollte ich anfangen?

Der beste Zeitpunkt ist so früh wie möglich, idealerweise mit 18 oder 20, wenn man das erste Einkommen hat. Ist man schon älter, muss einem klar sein, dass das Warten jede Menge Geld kostet. Geld, das Rendite generiert, vermehrt sich exponentiell, nicht linear, daher hat man die höchsten Zuwächse nach 20 bis 30 Jahren. Je früher man beginnt, desto früher erreicht man diesen Bereich. Das Wichtigste ist überhaupt, zu beginnen! In Wahrheit sind Kapitalmarktinvestments extrem einfach, wenn man ein paar Regeln beachtet: breit streuen, also diversifizieren, auf die Gebühren achten und einfach Geduld haben. 

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Wie lerne ich das Risiko meiner Investments abzuwägen?

Genau das lehre ich in meinen Kursen. Im Prinzip muss man auf Diversifizierung achten und auf den eigenen Anlagehorizont. Es gibt auch Kennzahlen, anhand derer man das Risiko messen kann, zum Beispiel die Volatilität (historische Schwankungsbreite) und das Sharpe Ratio (die risikoadjustierte Rendite). 

Brauche ich unbedingt eine Bank dazu oder empfehlen Sie auch Online-Broker?

Es kommt darauf an, was man will und inwiefern man sich schon weitergebildet hat. Ein Online-Broker ist natürlich wesentlich günstiger, eine Bank bietet jedoch Beratung an, ist dafür teurer. Wenn man sich noch gar nicht auskennt und die Zeit auch nicht aufwenden will, kann man mit einem Beratungsdepot bei einer Bank beginnen.

Was lernen Frauen in Ihren Onlinekursen?

In meinen Kursen vermittle ich das Wissen, dass Frauen selbständige finanzielle Entscheidungen treffen können, sie ohne Angst für ihre Zukunft vorsorgen und ihre Familien absichern können. Sie lernen, wie die verschiedenen Anlageklassen funktionieren, wie man Risiko managt, welche Recherchen man tätigt und wie man zum Beispiel ETFs analysiert, bevor man eine Investition tätigt.


Gender Pay Gap: Der Gender Pay Gap bezeichnet den Unterschied im Einkommen zwischen Frauen und Männern. Im Schnitt verdienen erwerbstätige Frauen in Österreich nach wie vor deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen.

Gender Pension Gap: Der Gender Pension Gap gibt den Unterschied in der Pensionshöhe von Frauen und Männern an. Auf diesen Unterschied macht jährlich der Equal Pension Day aufmerksam. Das ist der Tag, an dem Männer bereits so viel Pension bekommen haben, wie Frauen erst bis zum Jahresende erhalten haben werden.

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