Gendern

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PRO 

von Karin Schobesberger

Gendersternchen, Binnen-I und Co bringen das Blut vieler Menschen in Wallung. Es drohe eine „Verhunzung“ der deutschen Sprache, wird argumentiert. Ich dagegen finde, dass Sprache keine starre Konstante ist, sie ist lebendig und verändert sich stetig. Wäre das nicht so, würden wir immer noch Mittelhochdeutsch sprechen. Die Sichtbarmachung aller Geschlechter durch genderneutrale oder gegenderte Sprache – schriftlich wie gesprochen – halte ich für wichtig. Es sollte weder das eine noch das andere Geschlecht lediglich „mitgemeint“ sein, denn das macht eine Hälfte der Menschheit verbal unsichtbar. Falls Sie bei dem Satz „Drei Ärzte kämpften um das Leben des Patienten“ vier Männer vor ihrem geistigen Auge sehen, merken Sie vielleicht, was ich meine. Denn womöglich waren zwei der Ärzte oder auch der Patient Frauen!

Vielleicht geht es aber doch um etwas anderes als die Verunstaltung der Sprache und die angebliche Unlesbarkeit gegenderter Texte durch Gendersternchen und Binnen-I?
Als Justizministerin Zadic kürzlich ein durchgehend in der weiblichen Form verfasstes Gesetz vorgelegt hat, gingen die Wogen gerade bei Gender-GegnerInnen hoch. Dabei ist der Gesetzesentwurf gänzlich ungegendert – und Männer doch eh mitgemeint!

CONTRA 

von Ulli Hubner

Wenn die EU glaubt, für die Gleichberechtigung der Frauen was tun zu müssen, dann sollte sie lieber die Lohnungleichheit behandeln, nicht aber unsere Sprache „verschandeln“. Frauen brauchen helfende Hände und keine Worthülsen oder Schreibweisen. 

Gendern – mit Gender Mainstreaming EU-weit vorgeschrieben – macht die Sprache auf einmal politisch, stärkt aber Frauen in der Gesellschaft nicht wirklich – oder kennt jemand einen Fall, der (welche?) Veränderung brachte? Hat irgendeine Frau daraus wirklich Nutzen gezogen? Ich kenne keine, aber ich kenne eine Frau, die schon vor 20 Jahren eine Lehre als Mechanikerin machte – einfach weil es sie interessierte, nicht weil es „in“ war. 

Frauen sind nun mal von Natur aus Frauen und keine Männer, aber sie können sich spezialisieren, wenn sie das wirklich möchten. Dann sollten sie aber auch so bezahlt werden – um das kümmerte sich aber bisher niemand, keine Partei und auch keine EU! 

Wenn also das Gendern irgend jemandem etwas brachte, dann nicht uns Frauen. Denn nach wie vor hadern wir mit weniger Lohn, aber mehr Arbeit im sozialen Leben. Gendern kommt mir vor wie ein akademisches Elitenprojekt und geht an der Lebens- und Sprachwirklichkeit vorbei. Da wären wir dann schon beim nächsten Problem, welches das Gendern sichtbar macht: erschwertes Lesen vieler Texte bei der sowieso schon vorhandenen Leseschwäche vieler Kinder und Jugendlicher. Aber Hauptsache gendern!

Gendern – Wie ist Ihre Meinung dazu?
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