Michaela Peterstorfer, auf den Spuren vom Tourismus am Beispiel von Hallstatt: Weniger ist mehr. Der Trend des „Slow Tourism“, also des langsamen Tourismus, zielt auf eine neue Qualität des Reisens hin. Bis 2020 erlebte Hallstatt den touristischen Overkill und setzt jetzt auf mehr Nächtigungen und weniger Busse.
Die Sonne spiegelt sich im glasklaren See, an dessen Ostufer sich eine Zugstation befindet. Es ist der Bahnhof von Hallstatt und der liegt bekanntlich auf der anderen Seite des Hallstättersees. Individualtouristen, vorwiegend aus Asien, reisen gerne mit Zügen an und so war dieser wohl kleinste, gleichsam schöne Bahnhof der Welt mit Ausblick auf den pittoresk an Felsen klebenden UNESCO-Welterbeort immer gut frequentiert. Bis vor zwei Jahren.
„Wir haben einen erheblichen Umsatzrückgang“, seufzt die Geschäftsführerin der „Hallstättersee Schifffahrt Hemetsberger GmbH“ und spricht damit die wirtschaftlichen Einbrüche während der Coronapandemie an. Bereits in vierter Generation betreibt Karoline Hemetsberger die stündliche Fähre über den See sowie ein Rundfahrtsschiff. Jetzt, sagt sie, müsste es wieder mehr werden mit den Gästen im Ort. Aber so wie früher solle es auch nicht sein.
Rund 10.000 Touristen schoben sich täglich durch die engen Gassen, bis das Virus dem Treiben ein Ende setzte. Als hätte jemand am Höhepunkt der Unerträglichkeit die Reset-Taste gedrückt. Nicht nur Hallstatt war am Ende seiner Kräfte angelangt, ähnlich erging es Dubrovnik, Venedig oder der Inka-Stadt Machu Picchu in Peru. Das Phänomen „Overtourism“ betraf viele Destinationen weltweit.
Doch jetzt ist wieder Luft nach oben. Die zwei Jahre des Durchschnaufens mit vorwiegend österreichischen Gästen, die „ihr“ Hallstatt auch einmal touristenfrei genießen wollten, haben die Hallstätter selber zum Umdenken genutzt. Das Ende der Pandemie, wie es sich jetzt zu Redaktionsschluss Ende Februar ankündigt, soll den Beginn einer neuen Ära kennzeichnen, die des „Slow Tourism“.
Historisch bedeutsamer Ort
„Es ist zu hoffen, dass 2022 der internationale Tourismus wieder mehr wird. Wir können unseren Gästen sehr viel bieten: Geschichte, Natur, Ursprünglichkeit und auch versteckte Plätze zum Erholen und Ausruhen“, weist Bürgermeister Alexander Scheutz auf die Vorzüge des 7.000 Jahre alten, historisch bedeutsamen Ortes hin.
„Unseren Gästen bieten wir Geschichte, Natur, Ursprünglichkeit und auch versteckte Plätze zum Erholen und Ausruhen“, so Bürgermeister Alexander Scheutz.
Mit der Einführung des Slot-Systems, wodurch Busse an eine Mindestverweildauer von zweieinhalb Stunden gebunden sind, will man den Lokalen anstelle der bisher schnellen Touristenabfertigung zu einem qualitätsvolleren Service verhelfen. Sich hinzusetzen und ohne Zeitdruck zu essen, zu genießen und sich den Ort anzusehen, darauf zielt der Slow-Tourismus ab. Vor allem gelte es, das Urtümliche zu erhalten. So wehrten sich die Hallstätter stets erfolgreich gegen das Motorboot- und Yachtgeschäft. Nach wie vor schippert die historische Zille, auch Plätte oder Fuhre („Fua“) genannt, gelassen über den See.
„Nur heiße Luft“: Über die in Dosen abgefüllte Hallstätter Luft eines findigen Produzenten kann Karolin Hemetsberger (l.) nur lachen. Ihre Schiffsfahrten vom Bahnhof über den See sind für Passagiere jedenfalls sauerstoffreicher als die Mitbringsel aus dem Automaten.
Ursprünglichkeit erhalten
Und mittlerweile ist selbst das „Dirndl to rent“ passé. Der Chinesen innigster Sehnsuchtsort, millionenfach fotografiert und nachgebaut in der Provinz Guangdong, wirkte bis 2020 schon wegen der Dichte an Asiaten wie die Ausgeburt ihrer eigenen Kopie. Jetzt, wo sie weg sind, hofft man auf deren Wiederkehr, wenn auch nicht mehr in Massen.
„Die Chinesen sind aber sehr angenehme, höfliche Gäste, es waren halt einfach zu viele – viel zu viele!“ Durch deren Wegfall fehle es deutlich an Kaufkraft, obwohl der Ort einiges an regionalen Erzeugnissen böte. Die Betreiberin des am Markplatz befindlichen Trachtengeschäfts, Rebecca Schilcher, setzt dem „Dirndl to rent“ ihre eigene Marke entgegen. Seit 2016 gibt es das Hallstätter Dirndl, penibelst dokumentiert in der Trachtenmappe des OÖ Heimatwerks.
Noch ist die Metamorphose nicht vollzogen und nur wenige Touristen, vorwiegend aus Spanien, Frankreich, Deutschland und natürlich Österreich schlendern durch den Ort. Auch Gäste aus Russland werden immer wieder gesichtet. Momentan ist angesichts der Ukrainekriegs noch nicht bekannt, wie sich das Reiseverhalten entwickeln wird. Der 730-Einwohner-Ort mit seinen rund 700 Gästebetten ist jedenfalls touristisch gerüstet.
©Tourismusbüro Hallstatt\Privat