Goldhauben sind nicht nur ein Symbol für Tradition, sondern auch ein Ausdruck der kulturellen Identität Oberösterreichs. Das alte Wissen rund um die prunkvolle Kopfbedeckung wird von Generation zu Generation weitergegeben, wie etwa in der Goldhaubengruppe der Stadt Wels.
Neben der weithin bekannten Goldhaube sind Perlhaube, Häubchen, Kopftuch und Hut nach außen sichtbare und damit Identitätsstiftende Zeichen der Goldhauben-Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, die sich neben der Brauchtumspflege sowie Erhaltung und Weiterentwicklung der Tracht vor allem auch durch soziales Engagement auszeichnet.
Unter der Leitung von Andrea Schäfer, Obfrau der Goldhaubengruppe der Stadt Wels, treffen sich die Goldhaubenfrauen monatlich jeden ersten Mittwoch im Dreiklang Herminenhof. Den Vereinsraum teilen sie sich mit den Trachtenvereinen „Hoamatland“, „Almröserl“, „D’Innviertler z’Wels“ und „Pernauer Gmoa“. 19 aktive und 24 unterstützende Mitglieder zählt die Welser Gruppe, die bei selbst gemachtem Kuchen und Kaffee die nächsten Termine bespricht. Bis zum Jahresende stehen noch 19 Veranstaltungen auf dem Programm.
90 Jahr-Jubiläum
Seit 1933 ist die Welser Goldhaubengruppe im Vereinsregister eingetragen. Ein Jubiläum, das heuer ohne große Feierlichkeiten vorüberzieht. Gerne erinnern sich die Mitglieder an die große Feier anlässlich der 70-jährigen Gründung zurück. Irene Interholz, seit 1999 Mitglied in Wels, hatte damals die Geschichte der Gruppe in einem Buch zusammenzufasst. Ein kleines Steckenpferd jener Frau, die zurecht mit Stolz davon erzählt, dass einige der von ihr gefertigten Papierschnurtaschen von Trachtendoyene Gesine Maria „Gexi“ Tostmann gekauft wurden und den Weg bis nach Amerika fanden.
Glanzvolle Erbstücke
Marianne Salzwimmer ist seit Kindesbeinen mit Goldhauben aufgewachsen. „Meine Mutter und Großmutter und sogar die Urgroßmutter sind mit der Goldhaube gegangen“, erinnert sich die Welserin zurück. Sie hat Häubchen, Schmuck und Goldhaube ihrer Vorfahrinnen geerbt. Leopoldine Sandberger wird die Goldhaube an ihre Tochter weitergeben. Doch in vielen Familien ging das Interesse verloren. Im Gespräch wird das unter anderem auf das breite Freizeitangebot, vor allem im städtischen Bereich, zurückgeführt. „Und wenn keine gleichaltrigen Mädchen in der Gruppe sind, ist es schwer, das Interesse zu wecken“, ergänzt Obmann-Stellvertreterin Gabriele Lingner. Ohne Nachwuchs wird sich die Gruppe auflösen, doch die Mitglieder wollen die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich das auch wieder ändert.
Schönheit ins Leben tragen
Unter dem Motto „Schönheit ins Leben tragen“ werden von den Goldhaubengruppen sowohl Tracht und Tradition aufrechterhalten als auch soziales Engagement gelebt. In Oberösterreich ist die Goldhaube schon seit dem 18. Jahrhundert ein Teil einer Festtracht. Die Ursprünge liegen in der Frauenhaube. Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit verlangte die Norm von verheirateten Frauen das Tragen einer Haube. Aus dieser Vorschrift leitet sich übrigens die fürs Heiraten umgangssprachliche Redensart „unter die Haube kommen“ ab. Aus der darauffolgenden Böndelhaube hat sich schließlich die Goldhaube entwickelt. Hier gibt es regionale Unterschiede und teilweise ist sogar noch die Huttracht, wie etwa in Bad Ischl, im Einsatz. Die Goldhaubentracht wird an allen kirchlichen Feiertagen und zu ganz besonderen Anlässen getragen. Für andere Veranstaltungen werden Dirndln ausgeführt.
Echte Tracht
Grundsätzlich waren Goldhaubenkleider wunderschön bestickte Kleider aus Seide, die ohne Schürze getragen wurden. Bei der Frage, was die „wirkliche“ Tracht oder ein „echter“ Trachtenschmuck ist, wird selbst in der Welser Goldhaubengruppe rege diskutiert. Fakt ist: Alle echten Trachten Oberösterreichs – in Altaussee auch als „Gwand“ bezeichnet – sind in den Trachtenmappen von Dr. Franz Lipp eingetragen. Vom Linzer Goldhaubenkleid sowie Sommer- und Wintertrachten der verschiedenen Bezirke und Gemeinden bis zu prachtvollen Festkleidern drückt sich die Vielfalt Oberösterreichs in den unterschiedlichen Trachten und Traditionen aus. Die Salzkammergut-Tracht war früher eine Alltagstracht, die auch am Feld zur Arbeit getragen wurde. Echte Ischler folgen bis heute der Tradition und tragen freitags Dirndl. Ein „Hitzgwandl“ kann an warmen Tagen auch ohne Bluse getragen werden. „Aber auch ein gewöhnliches Dirndl kann schön sein“, heißt es am Ende der Diskussion versöhnlich. Dem „echten“ Schmuck werden Granaten, vergoldetes Silber oder echtes Gold, Perlen, aber auch Schaumgold zugeordnet. Eine heute in Vergessenheit geratene Technik aus einer Zeit, in der Gold sehr teuer war.
Gemeinnützige Arbeit
Goldhaubenfrauen verkaufen Mehlspeisen, Kekse und selbstgemachte Handarbeiten zugunsten von sozial Bedürftigen, die sie mit dem Verkaufserlös unterstützen. Mit Besuchen in Altersheimen, etwa am „Ahnlsonntag“, oder beim Bürgermeister zum „Beugl-Reissen“ halten die Goldhauben vielfach bereits (fast) in Vergessenheit geratene Traditionen aufrecht. Die Goldhaubenfrauen sind Botschafterinnen des kulturellen Erbes und bewahren damit ein wichtiges Stück Geschichte.
INFO
Wer Stoffe oder Handarbeitsmaterial spenden möchte oder interessiert ist, alte und neue Handarbeitstechniken zu lernen, erfährt mehr bei Obfrau Andrea Schäfer unter der E-Mail-Adresse andrea.schaefer@goldhauben.org